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Dieses Mal gibt es das Life-Update als erstes:
Ein paar von Euch haben die guten Nachrichten wahrscheinlich schon auf Instagram gelesen, aber trotzdem erkläre ich sie nochmal. Der Tumor geht zurück und die Chemo scheint sehr gut zu wirken. Mein Arzt hat eine Röntgen-Aufnahme des Thorax veranlasst, um sich einen kleinen Überblick zu verschaffen, wie alles bislang läuft. Darauf konnte man nichts mehr von dem Tumor sehen. Allerdings muss man dazu sagen, dass Röntgen nicht gerade das beste Verfahren ist um sowas zu sehen. Man wollte nur die Strahlenbelastung so gering wie möglich halten, da in ein paar Wochen das nächste CT ansteht. Im CT wird man wahrscheinlich noch Aktivität sehen. Aber definitiv ist er keine 14×7,5 cm mehr groß! Die Rückenschmerzen sind leider immer noch da. Bald wird dafür ein MRT gemacht, um zu schauen wo sie herkommen. Heute habe ich die Antikörper (Rituximab) bekommen und morgen geht es dann mit der Chemo weiter. Dann habe ich Zyklus 5 von 6 durch. Es geht voran!
Trotz all der guten Neuigkeiten, habe ich dieses Mal ein etwas ernsteres Thema für Euch, was mich persönlich wahrscheinlich mit am meisten belastet. Es geht um die Art und Weise, wie Menschen sich plötzlich anders verhalten, um mich zu „schonen“. Teilweise aus Sorge, teilweise aus Unwissenheit.
Sehr häufig habe ich im Internet gelesen, dass Menschen mit Krebs schlagartig ganz anders von ihren Freunden und Bekannten behandelt werden. Ich habe teilweise Geschichten gelesen, von Erkrankten, die plötzlich nicht mehr von ihren Freunden bei Restaurantbesuchen, Ausflügen, etc. gefragt wurden, ob sie mitgehen möchten, da die Freunde nicht wussten ob die Person überhaupt möchte. „Wir wussten nicht ob Du Lust hattest, vielleicht ging es Dir ja nicht so gut.“ DANN FRAGT DOCH NACH!
Ich für meinen Teil musste leider auch schon ähnliche Erfahrungen machen. Während viele sehr gut mit der Situation umgehen können, gibt es leider auch ein paar Bekannte und Freunde, die versuchen mich in Watte zu packen und unnötig zu schonen. Sie berichten mir nicht mehr von ihren Problemen und fragen auch nicht mehr, ob oder wann ich Lust oder Zeit habe etwas zu unternehmen. Sie warten bis ich mich bei ihnen melde, da sie mich nicht „stören“ wollen.
Während diese Menschen denken, dass sie mich damit schonen, fühle ich mich dadurch eigentlich nur schlechter. Mich belastet der Gedanke, dass ich nicht für meine Freunde da sein kann, wenn sie mich brauchen. Und das einfach nur aus dem Grund, dass sie sich nicht bei mir „ausheulen“ wollen, weil ich ja grade „größere Probleme habe“. Mir ist wirklich egal, ob sich jemand über einen schlechten Tag beschwert oder sich über Kleinigkeiten aufregt. Wenn das grade sein größtes Problem ist und Priorität hat, dann ist das so und gerne bin ich für ihn da. Es macht keinen Sinn, seine eigenen Probleme mit denen der anderen zu vergleichen. Es gibt immer jemanden, dem es schlechter geht. Mit absoluter Sicherheit gibt es da draußen auch Millionen Menschen, die schlimmer dran sind als ich. Man kann aber immer nur feststellen, was einen persönlich grade am meisten belastet. Und das ist einfach nicht zu vergleichen mit den Problemen anderer Menschen. Wenn Ihr wüsstet, wie häufig Leute mir gegenüber Sätze anfangen mit „Ach, ich will mich gar nicht beschweren, Dir geht’s viel schlimmer.“ oder „Du bist viel wichtiger, ist eigentlich egal was bei mir los ist.“ NEIN!!! IST ES NICHT!
Denkt einmal darüber nach, dass solche Behandlungen teilweise Jahre dauern können. Und jetzt stellt Euch vor, dass Eure Freunde Euch die ganze Zeit hinweg von Ihren Problemen fernhalten wollen. Sie erzählen Euch nicht von Krankheiten, von Problemen auf der Arbeit, von Beziehungsproblemen, von Streitigkeiten mit Ihren Eltern, von Sorgen oder Ängsten. Obwohl es Euch interessiert, verschweigen sie es Euch, um Euch nicht damit zu belasten. Meint Ihr, dass Ihr nach der langen Zeit der Behandlung noch wirklich einen Draht zueinander haben werdet?
Ich persönlich finde einseitige Freundschaften ganz, ganz schlimm. Es ist egal wie schlimm es mir geht, ich werde immer für meine Freunde da sein. Komme was wolle. Für mich ist das der wichtigste Aspekt einer Freundschaft und wer mich kennt, sollte das eigentlich wissen. Daran hat sich auch durch meine Krankheit nichts geändert. Ich bin immer noch Eva. Ein bisschen weniger Haare auf dem Kopf und etwas mehr Schlafbedarf als sonst, aber immer noch Eva. Der Gedanke, dass mir bereits jetzt schon Sachen entgangen sind, macht mich verrückt. Es gibt einem das Gefühl, dass man gar nicht mehr weiß, was in dem Leben seiner Freunde eigentlich passiert. Man fühlt sich außen vor und ausgeschlossen. Auch wenn das überhaupt nicht die Intention der Menschen ist, ist das genau das Gefühl, das durch solche Entscheidungen hervorgerufen wird. Natürlich brauchte ich die ersten paar Wochen erst einmal für mich selber. Einfach um alles zu verstehen und zu akzeptieren. Mittlerweile ist aber wieder so viel Normalität eingekehrt, dass ich es schade finde, wenn andere Menschen für mich entscheiden. Mich verletzt es sehr, dass Menschen denken, irgendetwas könnte mich jemals davon abhalten für sie da zu sein.
Wenn Du Dir nicht sicher bist, ob ich stark genug bin, mir Deine Probleme anzuhören, dann frag doch einfach. „Hey Eva, ich würde Dir gerne was erzählen, hast Du Lust und Zeit?“ Mich aber von vorne herein zu bevormunden, nimmt mir die Normalität aus meinem Leben, die mir gerade so wichtig ist. Es nimmt mir Entscheidungen ab und es nimmt mir in gewisser Weise auch Freiheit. Vielleicht tut es mir ja auch gut, mal nicht nur über meine eigenen Probleme nachzudenken, sondern mich ablenken zu lassen. Aber wenn ich dann im Nachhinein mitbekomme, dass Freunde mir nichts von ihrem Problem erzählt und die ganze Zeit so getan haben, als sei alles in Ordnung, verletzt mich das extrem. Es fühlt sich wirklich an, als wären die Freundschaften Einbahnstraßen. Mir wird zwar zugehört und alle geben ihr Bestes mich glücklich zu machen, aber im Endeffekt fühlt man sich sehr ausgeschlossen.
Dasselbe passiert leider auch im Beruf. Traurigerweise musste ich bisher schon ein paar Mal die Erfahrung machen, dass ich für Jobs nicht gefragt wurde, weil die Leute nicht wussten ob ich fit genug bin. Da sie mich nicht gefragt haben, konnte ich ihnen leider auch nicht sagen, dass es mir gut geht und ich sehr gerne, wie immer, gearbeitet hätte (aber dazu später mehr in einem anderen Post.) Teilweise wurden mir auch Jobs abgesagt, nur weil ich krank bin. Obwohl ich ihnen versicherte, dass es mir gut geht, wurde nach Ersatz gesucht. Aber letzten Endes bin ich die Person, die als einzige entscheiden kann, wozu mein Körper gerade in der Lage ist und wozu nicht. Und denkt Ihr wirklich, ich würde mich durch einen langen Tag quälen und meine Gesundheit, vielleicht sogar mein Leben, gefährden, nur für ein bisschen Geld? Wenn es mir nicht gut ginge, wäre ich ehrlich zu Euch und würde es sagen.
Was die Menschen aus Freundlichkeit (zum Teil auch aus Unwissenheit) machen, um mich zu schonen, nimmt mir dadurch im Endeffekt ein Stück meiner Normalität, die gerade für mich das Wichtigste ist, um gesund zu werden und positiv zu bleiben. Die Ablenkung, die mir mein Alltag und meine Arbeit geben, ist wie Benzin für mich. Mein Treibstoff.
Deshalb bitte fragt mich, wenn Ihr Euch nicht sicher seid! Redet mit mir! Erzählt mir Eure Probleme! Kommt auf mich zu, so wie Ihr es immer getan habt! Nur weil ich jetzt krank bin, heißt das nicht, dass ich 24/7 zu Hause sitzen will oder mir plötzlich alles egal ist. Ganz im Gegenteil. Ich musste lernen, dass das Leben nicht selbstverständlich ist. Diese Krankheit könnte jeder Zeit auch jemanden von Euch erwischen. Und dann möchte ich nicht bereuen, irgendetwas versäumt zu haben.
Peace und #fuckcancer,
Eva